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Elias Klein Zeichnungen und Kurzgeschichten 2022  100 Copys

over 50 drawings showing adventures and observations from my daily life

9 shortstories  containing life anecdotes

Leseprobe

ApothekenSchreck

Als Jugendliche liebten wir es, die Menschen zu provozieren. Wir wollten zwar Aufmerksamkeit, doch ein weiteres Ziel der vielen Dreistigkeiten war es auch, bewusst den gewohnten Ablauf des Straßburger Stadtlebens zu stören.

Wir verstanden es als unsere Aufgabe, die Menschen aufzurütteln und mit Unsicherheiten zu konfrontieren. Wir fühlten uns mächtig, wir waren entschlossen - und konnten schnell rennen.

Die Suche nach dem Konflikt war auch ein Dürsten nach Adrenalin, wir fühlten uns nach jeder Aktion klarer im Kopf und körperlich lebendiger.
 
Dieses Verhalten durchzog  meine ganze Schullaufbahn. Eine Aktion zur Gymnasialzeit hieß zum Beispiel "Mit Touristen Teig anrühren". Darunter zu verstehen ist, dass wir die Touristen, die auf der Ill eine Stadtrundfahrt im Ausflugsboot machten, von einer Brücke aus mit Eiern, Mehl, Milch, Zucker und Honig bewarfen. Die Touristen, gefangen auf dem Boot, hatten keinen Ausweg, um dem Unheil zu entkommen und mussten die Schmach über sich ergehen lassen. Am 1. April warfen wir sogar Fische auf die Boote.

Ein anderes Mal hatten wir es auf die Apotheke abgesehen, an der wir auf unserem täglichen Weg zur Schule vorbeiliefen. In der Mittagspause oder nach Schulschluss traf ich mich mit meinem Freund Salvator um hinter den Häuserblocks
die Vorbereitungen für unsere Aktion zu treffen. Jeder hatte eine Maske von zu hause mitgebracht: Salvator hatte eine Hundemaske, ich hatte eine Hexenmaske: eine Fratze mit einer langen Hakennase, Warzen und ekligen langen Haaren.
Ich hatte die Maske Stefan Scheißling getauft.

Mit unseren Masken und Schulranzen stürmten wir die Apotheke: wir rannten durch die Tür hinein und kreischten mit unseren Kinderstimmen wie am Spieß, um die Kundschaft zu überraschen. Die Menschen erschraken so sehr, dass die Medikamente
auf den Boden fielen, eine alte Frau zitterte am ganzen Körper, eine der  Apotheken-Angestellten war kreideweiß im Gesicht.

Und wie Dämonen in Kindergröße rannten wir davon. Unter unseren Masken konnten wir uns kaum einkriegen vor Lachen. Das Adrenalin strömte uns durch den Körper.

Ich kann mich nicht erinnern wie oft wir die Apotheke überfielen, es war immer die gleiche, das Gekreische zeigte immer Wirkung.

Doch ist mir das letzte Mal noch gut in Erinnerung geblieben: Gegen Ende des Schuljahres war ich so süchtig geworden nach diesen Aktionen dass ich ab und zu auch alleine die Apotheke stürmte.

Es war Ende Juni, Hochsommerwetter, es war brutal warm und es war der Tag an dem die Schulschließfächer ausgemistet werden mussten: ich hatte zwei Rucksäcke und zwei Tüten voll mit Büchern und Heften. Einen Rucksack trug ich auf dem Rücken, einen auf dem Bauch, eine volle Tüte in jeder Hand.
 
Auf dem Weg zur Tramstation kam ich so voll bepackt an der Apotheke vorbei und konnte nicht an mich halten. Ich zog mir die Hexenmaske über, die ich mit meinen Schulsachen im Schließfach aufbewahrt hatte und rannte in die Apotheke, schrie aus vollem Hals irgend einen Krams, der mir gerade einfiel.

Doch diesmal war die Apotheken-Angestellte vorbereitet:  " Ah nein, nicht schon wieder !" Sie schwang sich hinter der Verkaufstheke hervor, lief in meine Richtung und versuchte mich festzuhalten. Ich konnte ihr ausweichen und stürmte so gut es ging heraus und rannte in Richtung Tramstation. Doch mit der Maske und meinem Gepäck kam ich nur sehr langsam voran. Die Hitze unter der Maske war unerträglich, ich konnte kaum atmen, ich war voller Schweiß und Adrenalin, ich durfte mich nicht erwischen lassen!

Die Apothekerin hatte die Verfolgung aufgenommen, doch zu meinem Glück trug sie einen Ärztekittel und Stöckelschuhe; so dass auch Sie nur langsam vorankam. Sie schrie: " Bleib stehen, haltet Ihn auf!"

Die Menschen beobachteten uns mit ungläubigen Augen: ein voll bepackter Zwerg mit einer Hexenmaske, der von einer Apothekerin auf Stöckelschuhen verfolgt wird.

Mit letzter Kraft konnte ich einen kurzen Sprint hinlegen und schüttelte meine Verfolgerin ab.

Nach diesem Vorkommnis mied ich die Apotheke und diese eine Straßenseite so gut es ging. Es war Zeit  für andere Pläne.
 

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